Sonntag, 1. Februar 2015

03. März 1978, Freitag

Kalendergeschichte zum Thema Annäherung

Renate bringt Annegret zur 'Opferbank'.
Beschnuppert haben Anne und ich uns schon ausgiebig, in der letzten Zeit. Das macht es zwar nicht besser, aber vertrauter. Keine Hemmschwelle mehr – für mich jedenfalls. Wenn ich mir ihre Figur so anschaue, da stimmt einfach alles. Körperbetonte Klamotten trägt sie jetzt - nicht mehr diese Säcke, von der Mutter ausgesucht.

Renate geht weg, gegenüber in die Disco, uns unserem Schicksal überlassend. Klack, die Tür ist zu – und wir sind alleine.

Panik in Annes Augen.
Ich sehe und fühle alles. Ich bin hypersensibel in punkto Menschen. Nicht zu verwechseln mit rücksichtsvoll, oder so einen ähnlichen Scheiß.
Was soll das denn, denkt die etwa das ich wie ein Tier über sie herfallen werde? Dabei hat sie beim letzten Besuch noch so cool getan. Weiber!

Wir sitzen auf dem Bett, und ich baue uns eine Rolle. Das tut uns beiden bestimmt gut, macht schön locker. Dann reden wir, über Gott und die Welt. Aber wir haben ja die ganze Nacht Zeit.

Es tut gut zu reden. Mir jedenfalls. Endlich mal eine die reden will, und nicht nur meinen Körper! (Was soll das denn? Das hab ich doch nie geschrieben – scheiß Tagebuch!)

Der Grund, warum sie auf meinem Bett sitzt, ist in Vergessenheit geraten. Keinen Gedanken habe ich mehr daran verschwendet. Sie rutscht auf mich zu, fragt ob ich sie nicht in den Arm nehmen könnte. Nur so, einfach nur festhalten beim Reden, das würde sie schön finden.

Da sitze ich nun mit ihr im Arm, und erzähle ihr Sachen, die ich noch nie einer Alten erzählt habe. Wer hier wohl wen entjungfert? Aber es gefällt mir, ich lasse mich treiben. Sogar meine sonst stetig grabschenden Hände geben Ruhe. Ein wenig im Haar spielen, das lasse ich sie, aber ihr Körper ist für meine Hände tabu. Ich bin vollkommen ruhig und ausgeglichen, keine Lust auf mehr. Genieße einfach nur ihre Wärme und ihren Geruch.

"Nein, du musst jetzt gehen", habe ich sie irgendwann angemault.
Sie hat angefangen mir einfach zu tief in die Augen zu sehen, ein auf Liebe zu machen. Das kann ich gar nicht haben, nicht mit mir!

Das sie mich küssen will, das ist ja noch ganz in Ordnung.
Mir ist ja auch danach, und schön ist es ja auch.
Aber es gibt Grenzen. Ich will dieses kribbeln im Bauch nicht haben, will mich nicht verlieben.

"Keine Gefühle bitte, jedenfalls keine im Kopf oder Herz", bettele ich mein Ego an, während sie ihre Sachen zusammen sammelt.

"He Alter, Sie will sich opfern, sollst nur der Schlachter sein, der ihr Blut vergießt. Nicht mehr. Also keine Panik, wir machen das schon", versucht mein Ego mich zu beruhigen, aus Angst um seine Strichliste.

"Na klar würde ich mich freuen - wenn du heute Abend wiederkommst. Ich kann es doch selber kaum erwarten.", so verabschiede ich sie.

Sie verlässt mich ohne zu murren. Warum sollte sie auch, ewig lange hab ich sie noch an der Tür abgeknutscht, wie ein kleiner Junge.

"Scheiße, lass das, mach ihr doch keine Hoffnungen Alter", macht mein Ego Alarm. Aber ich höre nicht auf ihn, schwebe auf meiner Wolke, bin schon lange abgestürzt und rettungslos verloren.

"Was willst du denn, läuft doch gut? Alles im grünen Bereich!", brummele ich glückselig vor mich hin, während ich ihr nachschaue.

"Was ist denn daran gut? Du solltest sie bumsen und dann zum Teufel jagen! So ist das abgemacht. Nichts von wegen tagelang dran rummachen", versucht mein Ego mich zur Rechenschaft zu ziehen.

Aber ich höre nicht mehr hin, rutsche immer mehr ab in meinen uralten Traum...


Anmerkung:
Tischler sagt: "Wer all zu schnell Grenzen überschreitet, sollte zumindest auf Tretminen - die auf der anderen Seite verborgen liegen - achten".

 weiter mit: 04. März 1978, Sonnabend

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